Arbeits­ver­hält­nis­se des öffent­li­chen Diens­tes kön­nen nicht nur durch Rechts­ge­schäft im Wege des Betriebs­über­gangs, son­dern auch durch ein Gesetz auf ande­re Arbeit­geberinnen oder Arbeit­ge­ber über­ge­lei­tet wer­den. Es stellt sich die Fra­ge der Ver­fas­sungs­ge­mäß­heit der Überleitungs­regelungen, wenn sie einen Arbeitgeber­wechsel ohne Wider­spruchs­recht der Betrof­fe­nen vorsehen.

1. Ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Anforderungen

Grund­sätz­lich sind gesetz­li­che Über­lei­tungs­re­ge­lun­gen recht­lich nicht angreif­bar, wenn sie einen der Rege­lung des § 613a BGB ent­spre­chen­den Schutz der Arbeit­neh­mer­rech­te vor­se­hen. Das gilt ins­be­son­de­re dann, wenn den betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten das Recht ein­ge­räumt wird, dem Arbeit­ge­ber­wech­sel zu wider­spre­chen oder zu ihrem bis­he­ri­gen Arbeit­ge­ber zurück­zu­keh­ren. Sofern gesetz­li­che Rege­lun­gen aber Über­lei­tun­gen ohne Wider­spruchs­recht oder ohne Rück­kehr­op­ti­on vor­se­hen, stellt sich die Fra­ge nach der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit sol­cher Rege­lun­gen. Bei der Prü­fung und Beant­wor­tung die­ser Fra­ge ist abzu­wä­gen zwischen

  • dem sich aus dem Grund­recht der Berufs­frei­heit nach Art. 12 Abs. 1 Grund­ge­setz (GG) erge­ben­den Recht der Beschäf­tig­ten, ihre Ver­trags­part­ner (Arbeit­ge­ber) frei aus­zu­wäh­len und
  • dem öffent­li­chen Inter­es­se an einem pro­blem- und rei­bungs­lo­sen Über­gang der betrof­fe­nen Arbeits­ver­hält­nis­se zur Sicher­stel­lung einer funk­ti­ons­fä­hi­gen Verwaltung.

2. Arbeit­ge­ber­wech­sel kraft Geset­zes bei Privatisierung

Soweit im Rah­men der Pri­va­ti­sie­rung öffent­li­cher Auf­ga­ben Arbeits­verhältnisse durch Gesetz von einem öffent­li­chen auf einen pri­va­ten Arbeit­ge­ber über­ge­lei­tet wer­den, ver­lie­ren die davon betrof­fe­nen Beschäf­tig­te nicht nur ihren öffent­li­chen Arbeit­ge­ber, son­dern sie wech­seln in der Regel auch den für sie gel­ten­den Tarif­ver­trag und schei­den aus der Zusatz­ver­sor­gung des öffent­li­chen Diens­tes aus.

Inso­fern erklär­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) eine Über­lei­tungs­re­ge­lung des hes­si­schen Geset­zes über die Errich­tung des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Gie­ßen und Mar­burg (UK-Gesetz) vom 16.6.2005, die kei­ne Wider­spruchs­mög­lich­keit vor­sah, für ver­fas­sungs­wid­rig (BVerfG v. 25.1.2011 — 1 BvR 1741/09, BVerfGE 128, 157):

    Nach dem UK-Gesetz wur­den die zum Land bestehen­den Arbeits­ver­hält­nis­se der nicht­wis­sen­schaft­li­chen Beschäf­tig­ten der Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken Gie­ßen und Mar­burg auf das neu errich­te­te Kli­ni­kum als einer Anstalt des öffent­li­chen Rechts in Vor­be­rei­tung der Pri­va­ti­sie­rung des Kli­ni­kums über­ge­lei­tet. Ein Wider­spruchs­recht ent­spre­chend der Rege­lung des § 613a Abs. 6 BGB wur­de nicht ein­ge­räumt, um den Bestand und die Funk­ti­ons­fä­hig­keit des Kli­ni­kums zu erhal­ten. Da als zwei­ter Schritt die Pri­va­ti­sie­rung des Kli­ni­kums vor­ge­se­hen war, muss­te damit gerech­net wer­den, dass von einem Wider­spruchs­recht in gro­ßem Umfang Gebrauch gemacht wor­den wäre. Eine Kran­ken­schwes­ter leg­te Wider­spruch gegen die Über­lei­tung ein und begehr­te mit Kla­ge vor dem Arbeits­ge­richt die Fest­stel­lung, dass ihr Arbeits­ver­hält­nis zum Land Hes­sen auf­grund ihres Wider­spruchs fort­be­stehe. Nach­dem die Kla­ge in allen Instan­zen ohne Erfolg blieb, erhob sie Verfassungsbeschwerde.
Das BVerfG sah in der feh­len­den Wider­spruchs­mög­lich­keit einen unan­ge­mes­se­nen Ein­griff in das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­te Inter­es­se der Beschäf­tig­ten am Erhalt des selbst­ge­wähl­ten Arbeit­ge­bers. Zwar erklär­te das Gericht aus­drück­lich, dass nicht bei jedem unmit­tel­bar durch Gesetz ange­ord­ne­ten Arbeit­ge­ber­wech­sel ein Wider­spruchs­recht ent­spre­chend der Rege­lung des § 613a Abs. 6 BGB gebo­ten sei. Im vor­lie­gen­den Fall hielt es das Gericht aber für unab­ding­bar, den Beschäf­tig­ten eine Wider­spruchs- oder Rück­kehr­mög­lich­keit ein­zu­räu­men. Die Not­wen­dig­keit dafür sah das BVerfG dar­in, dass der Wech­sel des Arbeit­ge­bers — auch wenn es sich nur um einen Zwi­schen­schritt zur Pri­va­ti­sie­rung han­del­te — aus der Beschäf­ti­gung bei einem öffent­li­chen Arbeit­ge­ber zu einer Beschäf­ti­gung bei einem pri­va­ten Arbeit­ge­ber führ­te. Bei Pri­va­ti­sie­run­gen habe der Gesetz­ge­ber eine beson­de­re Pflicht, die Rech­te der Beschäf­tig­ten bei der Wahl des Arbeits­plat­zes zu schüt­zen. Damit sei es unver­ein­bar, dass der hes­si­sche Gesetz­ge­ber sich in dem Pri­va­ti­sie­rungs­pro­zess als bis­he­ri­ger Arbeit­ge­ber selbst pri­vi­le­giert habe, als er den betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten bewusst kein Wider­spruchs­recht ein­räum­te, um die Pri­va­ti­sie­rung zu erleichtern.

3. Arbeit­ge­ber­wech­sel kraft Geset­zes inner­halb des öffent­li­chen Dienstes

Auf­ga­ben kön­nen auch zwi­schen Ver­wal­tungs­trä­gern wech­seln. Soweit in die­sem Zusam­men­hang Geset­ze den Über­gang von Arbeits­ver­hält­nis­sen von einem öffent­li­chen Arbeit­ge­ber auf einen ande­ren öffent­li­chen Arbeit­ge­ber vor­se­hen, stellt sich die Fra­ge, ob auch hier auf­grund des durch Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG garan­tier­ten Rechts auf freie Berufs­wahl den betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten ein dem § 613a BGB ent­spre­chen­des Wider­spruchs­recht oder eine Rück­kehr­mög­lich­keit ein­zu­räu­men ist.

Der Ent­schei­dung des BVerfG zum UK-Gesetz ist zu ent­neh­men, dass es einen gesetz­lich ange­ord­ne­ten Arbeit­ge­ber­wech­sel ohne Wider­spruchs- oder Rück­kehr­mög­lich­keit, nicht von vorn­her­ein für unzu­läs­sig hält, wenn die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten wei­ter­hin „im öffent­li­chen Dienst“ beschäf­tigt blei­ben (BVerfG v. 25.1.2011 — 1 BvR 1741/09, Rdz. 94, BVerfGE 128, 157).

Auch nach Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes (BAG) kann die Über­lei­tung von Arbeits­ver­hält­nis­sen ohne Wider­spruchs- und /oder Rück­kehr­recht aus der Per­spek­ti­ve des Gesetz­ge­bers zur Ver­fol­gung poli­ti­scher und ver­wal­tungs­tech­ni­scher Zie­le grund­sätz­lich erfor­der­lich sein, wenn die Aus­schal­tung der vom all­ge­mei­nen Recht gewähr­ten Arbeitnehmer­rechte den rei­bungs­lo­sen Voll­zug der Zie­le des Gesetz­ge­bers erleich­tert (BAG v. 26.9.2013 — 8 AZR 775/12 — Rn. 29, ArbR 2014, 104). Dem BAG lag fol­gen­der Fall zur Ent­schei­dung vor:

    Das Arbeits­ver­hält­nis einer bei der Bun­des­agen­tur für Arbeit (BA) beschäf­tig­ten Team­lei­te­rin ging nach § 6c Abs. 1 S. 1 Zwei­tes Buch Sozi­al­ge­setz­buch (SGB II) mit dem Über­gang von Auf­ga­ben der Grund­si­che­rung für Arbeits­su­chen­de von der BA auf eine sog. Opti­ons­kom­mu­ne über. Die Team­lei­te­rin sah die Über­lei­tung für unwirk­sam an und mach­te gel­tend, dass ihr Arbeits­ver­hält­nis zur BA fortbestehe. 
Nach­dem die Klä­ge­rin in den Vor­in­stan­zen obsieg­te, hat das BAG das Ver­fah­ren aus­ge­setzt und die Fra­ge, ob die Über­lei­tungs­vor­schrift des § 6c Abs. 1 S. 1 SGB II ver­fas­sungs­ge­mäß ist, dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG zur Ent­schei­dung vor­ge­legt. Eine Ent­schei­dung des BVerfG steht noch aus.

Ein kom­mu­na­ler Trä­ger kann auf sei­nen Antrag hin nach Durch­füh­rung eines Zulas­sungs­ver­fah­rens durch Rechts­ver­ord­nung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Arbeit und Sozia­les unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen als allei­ni­ger Trä­ger der Grund­si­che­rung für Arbeits­su­chen­de zuge­las­sen wer­den (§ 6a SGB II). Nach der Vor­schrift des § 6c Abs. 1 S. 1 SGB II gehen mit der Zulas­sung die Arbeits­ver­hält­nis­se der Beschäf­tig­ten, die Auf­ga­ben der Grund­si­che­rung für Arbeits­su­chen­de bis­her bei der BA wahr­ge­nom­men haben, auf den kom­mu­na­len Trä­ger über, ohne dass den betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten ein Wider­spruchs­recht oder eine Rück­kehr­mög­lich­keit ein­ge­räumt wird. Für den Fall, dass die Trä­ger­schaft des kom­mu­na­len Trä­gers wie­der endet, sieht das Gesetz eine Rück­über­lei­tung der Arbeits­ver­hält­nis­se zur BA — eben­falls ohne Wider­spruchs­mög­lich­keit der betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten — vor (§ 6c Abs. 2 SGB II). Nach der Geset­zes­be­grün­dung wer­den die­se Rege­lun­gen mit dem öffent­li­chen Inter­es­se an der Funk­ti­ons­fä­hig­keit der Grund­si­che­rung für Arbeits­su­chen­de gerecht­fer­tigt. Die Rege­lun­gen gehen auf das Gesetz zur Wei­ter­ent­wick­lung der Orga­ni­sa­ti­on der Grund­si­che­rung für Arbeits­su­chen­de vom 3.8.2010 zurück (BGBl. I 2010, S. 1112).

Das BAG hält in sei­nem Vor­la­ge­be­schluss die Über­lei­tungs­re­ge­lung des § 6c Abs. 1 S. 1 SGB II für eine unzu­mut­ba­re Beein­träch­ti­gung des sich aus Art. 12 Abs. 1 S. GG erge­ben­den Rechts auf freie Wahl des Arbeits­plat­zes und damit für ver­fas­sungs­wid­rig. Der Ein­griff in die­ses Recht sei nicht durch zwin­gen­de ver­wal­tungs­tech­ni­sche Grün­de oder durch das Gemein­wohl bedingt. Viel­mehr hän­ge die Zulas­sung der kom­mu­na­len Trä­ger, die den Arbeitgeber­wechsel aus­löst, von poli­tisch moti­vier­ten Über­le­gun­gen ab, ins­be­son­de­re der der antrag­stel­len­den kom­mu­na­len Trä­ger. Außer­dem füh­re der Über­tritt zu einem Wech­sel der auf das Arbeits­ver­hält­nis anzu­wen­den­den Tarif­ver­trä­ge. Auch bestehe zwi­schen den Arbeit­ge­bern ein erheb­li­cher Orga­ni­sa­ti­ons­un­ter­schied, was sich auf die Ein­satz- und Aufstiegs­möglichkeiten der betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten spür­bar aus­wir­ken kön­ne. Zudem müss­ten die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten auf­grund der Rege­lung des § 6c Abs. 2 SGB II jeder­zeit mit einer Rück­über­lei­tung ihres Arbeits­ver­hält­nis­ses zur BA rech­nen, so dass sie bezüg­lich ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­ten Arbeits­platz­wahl zu „Spiel­bäl­len“ auf­grund poli­ti­scher Ent­schei­dun­gen über die Trä­ger­schaft der Grund­si­che­rung für Arbeits­su­chen­de würden.

Im Unter­schied zu die­ser Rechts­auf­fas­sung des BAG hat das OVG des Lan­des Sach­sen-Anhalt (OVG LSA) in fünf Beru­fungs­ver­fah­ren die Recht­mä­ßig­keit der Rege­lung des § 6c Abs. 1 S. 1 SGB II bestä­tigt, soweit die Vor­schrift Beam­tin­nen und Beam­te betrifft (OVG LSA v. 12.11.2013 — 1 L 9/13 -, juris). Das OVG LSA hat in der Rege­lung weder einen Ver­stoß gegen die durch Art. 33 Abs. 5 GG geschütz­ten her­ge­brach­ten Grund­sät­ze des Berufs­be­am­ten­tums oder den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG noch einen unzu­läs­si­gen Ein­griff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG garan­tier­te Berufs­frei­heit der Beam­tin­nen und Beam­ten gese­hen. Das Gericht hat wegen der grund­sätz­li­chen Bedeu­tung der Fra­ge, ob § 6 c Abs. 1 S. 1 SGB II mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar ist, die Revi­si­on gegen sei­ne Beru­fungs­ur­tei­le zuge­las­sen. Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat bis­lang über die ein­ge­leg­ten Revi­sio­nen gegen die Urtei­le des OVG LSA noch nicht entschieden.