Kün­di­gungs­schutz bei einer ordent­li­chen oder außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung wird durch Kün­di­gungs­schutz­kla­ge beim zustän­di­gen Arbeits­ge­richt gel­tend gemacht. Unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen kann nach Erhe­bung der Kün­di­gungs­schutz­kla­ge ein vor­über­ge­hen­der Anspruch auf Wei­ter­be­schäf­ti­gung entstehen.

1. Vor­aus­set­zun­gen der Klage

Der Schutz vor einer sozi­al unge­recht­fer­tig­ten Kün­di­gung nach dem Kün­di­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) ist durch eine Kün­di­gungs­schutz­kla­ge beim Arbeits­ge­richt inner­halb von drei Wochen nach Zugang der Kün­di­gung gel­tend zu machen (§ 4 Abs. 1 S 1 KSchG). Andern­falls gilt die Kün­di­gung als von Anfang an wirk­sam (§ 7 KSchG). Die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge ist auf die Fest­stel­lung zu rich­ten, dass das Arbeits­ver­hält­nis durch die Kün­di­gung nicht auf­ge­löst ist. In Fäl­len, in denen das KSchG kei­ne Anwen­dung fin­det, kann die Kün­di­gung nach Treu und Glau­ben nach § 242 Bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB) unwirk­sam sein (sog. treu­wid­ri­ge Kün­di­gung, Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) v. 21.2.2001 — 2 AZR 15/00, BAGE 97, 92).

2. Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­sprü­che wäh­rend des Kündigungsschutzverfahrens

Bei einer ordent­li­chen Kün­di­gung endet das Arbeits­ver­hält­nis mit Ablauf der Kün­di­gungs­frist. Erhebt die oder der betrof­fe­ne Beschäf­tig­te Kündigungs­schutzklage wird ein rechts­kräf­ti­ges Urteil in der Regel erst nach Ablauf der Kün­di­gungs­frist vor­lie­gen. Bis dahin besteht Unge­wiss­heit, ob die Kün­di­gung rechts­wirk­sam ist. Inso­weit haben gekün­dig­te Beschäf­tig­te ein Inter­es­se an einer vor­läu­fi­gen Wei­ter­be­schäf­ti­gung über die Kün­di­gungs­frist hin­aus. Ohne Wei­ter­be­schäf­ti­gung gin­ge ihr Arbeits­platz zunächst ver­lo­ren. Sie müss­ten sich arbeits­los mel­den, obschon die Kün­di­gung mög­li­cher­wei­se unwirk­sam ist.

a) Betriebs­ver­fas­sungs- und per­so­nal­ver­tre­tungs­recht­li­cher Weiterbeschäftigungsanspruch

In Fäl­len, in denen der Betriebs- oder Per­so­nal­rat ordent­li­chen Kün­di­gun­gen wider­spricht und in denen die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten Kündigungs­schutzklage erhe­ben, sind die Gekün­dig­ten bis zum Abschluss des Kla­ge­ver­fah­rens wei­ter zu beschäf­ti­gen, wenn sie dies inner­halb der Kün­di­gungs­frist von drei Wochen oder spä­tes­tens einen Tag danach ver­lan­gen (§ 102 Abs. 5 Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG), § 79 Abs. 2 Bun­des­per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­setz (BPersVG)). Das Arbeits­ver­hält­nis besteht dann unab­hän­gig vom Pro­zess­ver­lauf bis zu einem rechts­kräf­ti­gem Urteil fort. In der Pri­vat­wirt­schaft ent­steht ein sol­cher Anspruch nur, wenn es im jewei­li­gen Betrieb einen Betriebs­rat gibt. Der Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch kann mit der Kün­di­gungs­schutz­kla­ge oder im arbeits­ge­richt­li­chen Eil­ver­fah­ren durch Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung gel­tend gemacht wer­den. Arbeit­ge­be­rin­nen und Arbeit­ge­ber kön­nen sich durch Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung von der Weiter­beschäftigungs­pflicht ent­bin­den las­sen, wenn die Wei­ter­be­schäf­ti­gung zu einer unzu­mut­ba­ren wirt­schaft­li­chen Belas­tung füh­ren wür­de oder die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge mut­wil­lig erscheint oder kei­ne hin­rei­chen­de Aus­sicht auf Erfolg bie­tet oder der Wider­spruch des Betriebs- oder Per­so­nal­ra­tes unbe­grün­det war (§§ 102 Abs. 5 S. 2 BetrVG und 79 Abs. 2 S. 2 BPersVG).

b) All­ge­mei­ner Weiterbeschäftigungsanspruch

Für Fäl­le, in denen kein betriebs­ver­fas­sungs- oder personal­vertretungs­rechtlicher Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­schutz ein­greift, z.B. bei einer außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung oder weil kein Betriebs­rat besteht oder kein rechts­wirk­sa­mer Wider­spruch des Betriebs- oder Per­so­nal­ra­tes vor­liegt, räumt das BAG gekün­dig­ten Beschäf­tig­ten unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen einen Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch aus § 242 bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB) ein (BAG Gro­ßer Senat v. 27.02.1985 — GS 1/84, BAGE 48, 122). Vor­aus­set­zung für einen sol­chen Anspruch ist, dass im Ein­zel­fall das Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­in­ter­es­se der oder des Gekün­dig­ten das Nicht­be­schäf­ti­gungs­in­ter­es­se der Arbeit­ge­be­rin oder des Arbeit­ge­bers über­wiegt. Die­ser Anspruch beinhal­tet, dass Gekün­dig­te bis zu einer rechts­kräf­ti­gen arbeits­ge­richt­li­chen Ent­schei­dung wei­ter­be­schäf­tigt wer­den müs­sen, solan­ge ihr Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­in­ter­es­se überwiegt.

aa) Anspruch bei offen­sicht­lich unwirk­sa­mer Kündigung

Wenn die Kün­di­gung offen­sicht­lich unwirk­sam ist, steht der oder dem Gekün­dig­ten ab Kla­ge­er­he­bung ein Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch zu. Offen­sicht­lich unwirk­sam ist z.B. eine Kün­di­gung, die ohne die erfor­der­li­che Mit­wir­kung oder Anhö­rung des Betriebs- oder Per­so­nal­ra­tes oder ohne die für die Kün­di­gung schwer­be­hin­der­ter oder gleich­ge­stell­ter Beschäf­tig­ter erfor­der­li­che behörd­li­che Zustim­mung aus­ge­spro­chen wur­de. Der Anspruch ist im arbeits­ge­richt­li­chen Eil­ver­fah­ren durch Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung gel­tend zu machen.

bb) Anspruch bei einem die Unwirk­sam­keit der Kün­di­gung fest­stel­len­dem Urteil

Ergeht in der ers­ten Instanz des Kün­di­gungs­schutz­pro­zes­ses ein die Unwirk­sam­keit der Kün­di­gung fest­stel­len­des Urteil ent­steht ein Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch bis zur Ent­schei­dung in der nächs­ten Instanz. Das Beschäf­ti­gungs­in­ter­es­se der oder des Gekün­dig­ten über­wiegt ab die­sem Zeit­punkt das Nicht­be­schäf­ti­gungs­in­ter­es­se der Arbeit­ge­be­rin oder des Arbeit­ge­bers. Die Wei­ter­be­schäf­ti­gung durch die Arbeit­ge­be­rin oder den Arbeit­ge­ber erfolgt dann als sog. Pro­zess­be­schäf­ti­gung. Die Arbeit­ge­be­rin oder der Arbeit­ge­ber kann sich von der Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­pflicht ent­bin­den las­sen, wenn die Pro­zess­be­schäf­ti­gung auf­grund beson­de­rer Umstän­de im Ein­zel­fall zu unzu­mut­ba­ren Belas­tun­gen füh­ren wür­de. Der Anspruch auf Wei­ter­be­schäf­ti­gung ist am vor­teil­haf­tes­ten bereits mit der Kün­di­gungs­schutz­kla­ge zu verbinden.

c) Ver­ein­ba­rung über Weiterbeschäftigung

Die Par­tei­en kön­nen die Wei­ter­be­schäf­ti­gung befris­tet bis zum Ende des Kün­di­gungs­schutz­ver­fah­rens ver­ein­ba­ren. Das kann auch im Inter­es­se der Arbeit­ge­be­rin­nen und Arbeit­ge­ber lie­gen, da sie für den Fall des Unter­lie­gens im Kün­di­gungs­schutz­pro­zess das Risi­ko des Annah­me­ver­zugs tra­gen. In einem sol­chen Fall kann die oder der Gekün­dig­te die Ver­gü­tung ver­lan­gen, ohne zur Nach­leis­tung ver­pflich­tet zu sein (§ 615 S. 1 BGB). Nach § 14 Abs. 4 Teil­zeit- und Befris­tungs­ge­setz ist eine sol­che Ver­ein­ba­rung über die befris­te­te Wei­ter­be­schäf­ti­gung aber schrift­lich zu tref­fen. Bei Nicht­beachtung der Schrift­form ist die Befris­tung unwirk­sam und es ent­steht ein unbe­fris­te­tes Arbeitsverhältnis.