Wel­che recht­li­chen Mög­lich­kei­ten bestehen um gegen eine unzu­tref­fen­de dienst­li­che Beur­tei­lung recht­lich vorzugehen?

1. Hand­lungs­op­tio­nen bei nicht zufrie­den­stel­len­der Beurteilung

Dienst­li­che Beur­tei­lun­gen sind im öffent­li­chen Dienst für das beruf­li­che Wei­ter­kom­men ent­schei­dend. Ist man mit sei­ner dienst­li­chen Beur­tei­lung nicht ein­ver­stan­den, so stellt sich die Fra­ge, wie man dage­gen am bes­ten vor­ge­hen kann.

Zunächst soll­te immer das offe­ne Gespräch mit der Beur­tei­le­rin oder dem Beur­tei­ler gesucht wer­den. In einem sol­chen Gespräch soll­ten die Grün­de, war­um man sich unge­recht beur­teilt fühlt, offen ange­spro­chen wer­den. Dabei soll­te die Beur­tei­le­rin oder der Beur­tei­ler ver­an­lasst wer­den, ihre oder sei­ne Beweg­grün­de und Sach­ver­hal­te, auf die das Wert­ur­teil sich stützt, offen zu legen. Oft­mals las­sen sich bereits in einem sol­chen Gespräch Miss­ver­ständ­nis­se aus­räu­men und eine Abän­de­rung der dienst­li­chen Beur­tei­lung im Detail oder in der Gesamt­no­te erreichen.

Bleibt ein sol­ches Gespräch ohne Erfolg, kann man sich form­los gegen eine dienst­li­che Beur­tei­lung weh­ren. Man kann sei­ne abwei­chen­de Auf­fas­sung in einer münd­li­chen oder schrift­li­chen Gegen­vor­stel­lung gel­tend machen. Auch kann man schrift­lich eine Abän­de­rung der dienst­li­chen Beur­tei­lung bean­tra­gen. Schließ­lich kann Dienst­auf­sichts­be­schwer­de gegen die Beur­tei­le­rin oder den Beur­tei­ler erho­ben werden.

Möch­te man jedoch eine rechts­er­heb­li­che Ent­schei­dung über die dienst­li­che Beur­tei­lung her­bei­füh­ren, hat man gegen die dienst­li­che Beur­tei­lung Wider­spruch und evtl. auch Kla­ge zu erheben.

Von Bedeu­tung kann auch fol­gen­des sein: Bewer­be ich mich um ein Beför­de­rungs­amt und unter­lie­ge ich in der Aus­wahl einer Mit­be­wer­be­rin oder einem Mit­be­wer­ber, so kann ich dage­gen Kon­kur­ren­ten­kla­ge erhe­ben. In die­sem Rah­men wer­den mei­ne und die dienst­li­chen Beur­tei­lun­gen der Mit­be­wer­be­rin­nen und Mit­be­wer­ber auto­ma­tisch auf ihre Recht­mä­ßig­keit hin über­prüft, unab­hän­gig davon, ob ich gegen mei­ne letz­te Beur­tei­lung Wider­spruch oder Kla­ge erho­ben habe. Die­se Inzi­den­tüber­prü­fung kann aber auch zu mei­nem Nach­teil aus­ge­hen, wenn z. B. mei­ne im Ver­gleich bes­se­re Beur­tei­lung als feh­ler­haft erach­tet wird.

2. Wider­spruch gegen eine dienst­li­che Beurteilung

Die dienst­li­che Beur­tei­lung ist nach stän­di­ger Recht­spre­chung kein Ver­wal­tungs­akt (Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) v. 9.11.1967 — II C 107.64 -, Rn. 20 f., BVerw­GE 28, 191). Sie ist ledig­lich ein Hilfs­mit­tel zur Vor­be­rei­tung einer Per­so­nal­ent­schei­dung. Die Beam­tin oder der Beam­te kann den­noch mit Wider­spruch und Kla­ge gegen eine dienst­li­che Beur­tei­lung vorgehen.

Im Bereich des Bun­des ist nach § 126 Abs. 2 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG) vor allen Kla­gen aus dem Beam­ten­ver­hält­nis ein Wider­spruchs­ver­fah­ren durch­zu­füh­ren. Der Wider­spruch kann unmit­tel­bar gegen die dienst­li­che Beur­tei­lung erho­ben wer­den. Es ist nicht erfor­der­lich, dass zuvor eine Abän­de­rung der dienst­li­chen Beur­tei­lung bean­tragt und die­ser Antrag abschlä­gig beschie­den wur­de (BVerwG v. 28.6.2001 — 2 C 48/00 -, Rn. 13, BVerw­GE 114, 350). Der Wider­spruch ist an kei­ne Frist gebun­den. Bei län­ge­rem Zuwar­ten kann das Wider­spruchs­recht jedoch ver­wirkt sein. Dies wird, zieht man die Rege­lung des § 58 Abs. 2 Ver­wal­tungs­ge­richts­ord­nung (VwGO) für Ver­wal­tungs­ak­te ohne Rechts­be­helf her­an, in der Regel nach einem Jahr der Fall sein. Die Wider­spruchs­be­hör­de ist ver­pflich­tet die dienst­li­che Beur­tei­lung einer unein­ge­schränk­ten Recht- und Zweck­mä­ßig­keits­prü­fung zu unterziehen.

Nach § 54 Abs. 2 S. 3 Beam­ten­sta­tus­ge­setz (BeamtStG) ist ein Wider­spruchs­ver­fah­ren nicht erfor­der­lich, wenn ein Lan­des­ge­setz dies bestimmt. Auf­grund die­ser Bestim­mung haben meh­re­re Län­der zumin­dest teil­wei­se auf ein Wider­spruchs­ver­fah­ren in beam­ten­recht­li­chen Ange­le­gen­hei­ten ver­zich­tet. So bedarf es nach § 93 Abs. 1 Nr. 3 Ber­li­ner Lan­des­be­am­ten­ge­setz in Ange­le­gen­hei­ten, die die dienst­li­che Beur­tei­lung betref­fen, kei­nes Vor­ver­fah­rens. Im Land Ber­lin kann daher ohne vor­he­ri­ges Wider­spruchs­ver­fah­ren unmit­tel­bar gegen die dienst­li­che Beur­tei­lung Kla­ge erho­ben wer­den. Im Land Bran­den­burg ist vor Kla­ge­er­he­bung hin­ge­gen wei­ter­hin ein Wider­spruchs­ver­fah­ren zu durchlaufen.

3. Beur­tei­lungs­kla­ge

Bei abschlä­gi­gem Wider­spruchs­be­scheid kann gegen die­sen inner­halb einer Frist von einem Monat nach Zustel­lung Kla­ge vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt erho­ben wer­den. Da die dienst­li­che Beur­tei­lung kein Ver­wal­tungs­akt ist, ist die all­ge­mei­ne Leis­tungs­kla­ge die rich­ti­ge Klageart.

Im Wege einer Kla­ge kann man grund­sätz­lich kei­ne bes­se­re Beur­tei­lung erstrei­ten. Mit der dienst­li­chen Beur­tei­lung spricht der Dienst­herr nach den Kri­te­ri­en des Art. 33 Abs. 2 Grund­ge­setz (GG) ein Wert­ur­teil dar­über aus, ob und inwie­weit die Beam­tin oder der Beam­te den Anfor­de­run­gen des kon­kre­ten Amtes und der Lauf­bahn ent­spricht. Die­se Bewer­tung grün­det sich auf die Ein­schät­zung der Beur­tei­le­rin oder des Beur­tei­lers von Leis­tun­gen in bestimm­ten dienst­li­chen Situa­tio­nen. Ein sol­ches Wert­ur­teil kann ein Gericht nicht durch eine eige­ne Bewer­tung erset­zen (Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 -, BVerfGE 39, 334 (354)). Auf­grund der dem Dienst­herrn inso­weit zuste­hen­den Beur­tei­lungs­er­mäch­ti­gung sind dienst­li­che Beur­tei­lun­gen nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BVerwG nur beschränkt gericht­lich nach­prüf­bar (BVerwG v. 26.6.1980 — 2 C 8.78 -, Rn. 16, BVerw­GE 60, 245). Im Rah­men einer Beur­tei­lungs­kla­ge kann eine dienst­li­che Beur­tei­lung nur auf Beur­tei­lungs­feh­ler über­prüft wer­den. Das BVerfG hat die­se beschränk­te Recht­mä­ßig­keits­kon­trol­le für ver­fas­sungs­ge­mäß erklärt (BVerfG v. 29.5.2002 — 2 BvR 723/99 -, Rn. 14, DVBl 2002, 1203).

Eine dienst­li­che Beur­tei­lung kann dar­auf­hin über­prüft werden,
ob die Beur­tei­le­rin oder der Beurteiler
  • den gesetz­li­chen Rah­men oder anzu­wen­den­de Begrif­fe ver­kannt hat,
  • von einem unrich­ti­gen Sach­ver­halt aus­ge­gan­gen ist,
  • all­ge­mei­ne Wert­maß­stä­be nicht beach­tet hat,
  • sach­frem­de Erwä­gun­gen ange­stellt hat oder
  • gegen Ver­fah­rens­vor­schrif­ten ver­sto­ßen hat.
Hat der Dienst­herr Richt­li­ni­en über die Erstel­lung dienst­li­cher Beur­tei­lun­gen erlas­sen oder eine ent­spre­chen­de Dienst­ver­ein­ba­rung abge­schlos­sen, sind die Beur­tei­le­rin­nen und Beur­tei­ler nach dem Gleich­heits­satz für Ver­fah­ren und Maß­stä­be an die Rege­lun­gen der Richt­li­nie oder der Dienst­ver­ein­ba­rung gebun­den. Das Gericht kann dann im Ein­zel­fall kon­trol­lie­ren, ob die Rege­lun­gen ein­ge­hal­ten wur­den, ob sie sich im Rah­men der gesetz­li­chen Ermäch­ti­gung hal­ten und ob sie auch sonst mit den gesetz­li­chen Vor­schrif­ten in Ein­klang ste­hen (BVerwG v. 24.11.2005 — 2 C 34/04 -, Rn. 8, BVerw­GE 124, 356).

Bei einer Beur­tei­lungs­kla­ge muss der Kla­ge­an­trag dar­auf gerich­tet sein, die dienst­li­che Beur­tei­lung auf­zu­he­ben und den Dienst­herrn zu ver­pflich­ten, unter Beach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Gerichts eine neue (feh­ler­freie) dienst­li­che Beur­tei­lung zu ertei­len. Ent­spricht das Gericht wegen Feh­ler­haf­tig­keit der dienst­li­chen Beur­tei­lung die­sem Antraq kann dies am Ende mög­li­cher­wei­se dann doch zu einer bes­se­ren Beur­tei­lung führen.

4. Rechts­schutz von Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeitnehmer

Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer, die dienst­lich beur­teilt wur­den, kön­nen vor den Arbeits­ge­rich­ten gegen die dienst­li­che Beur­tei­lung Kla­ge erhe­ben. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) sind die von den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten ent­wi­ckel­ten Grund­sät­ze für die dienst­li­che Beur­tei­lung einer Beam­tin oder eines Beam­ten sinn­ge­mäß auf die dienst­li­che Beur­tei­lung von Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mern anzu­wen­den (BAG v. 24.1.2007 — 4 AZR 629/06 -, Rn. 49 ff., BAGE 121, 91). Das gilt auch für die ein­ge­schränk­te Recht­mä­ßig­keits­kon­trol­le (BAG v.18.8.2009 — 9 AZR 617/08 -, Rn. 33, BAGE 131, 367). Eine dienst­li­che Beur­tei­lung kann inso­weit nicht mit einem Zeug­nis oder Zwi­schen­zeug­nis nach § 35 TVöD/TV‑L ver­gli­chen wer­den. Nach dem Bun­des­per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­setz (BPersVG) kann der Dienst­herr nicht nur für Beam­tin­nen und Beam­te, son­dern auch für Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer Dienst­ver­ein­ba­run­gen zur Beur­tei­lung abschlie­ßen (§§ 75 Abs. 3 Nr. 9, § 76 Abs. 2 Nr. 3 BPersVG). Inso­weit steht dem Per­so­nal­rat auch ein Mit­be­stim­mungs­recht beim Erlass von Beur­tei­lungs­richt­li­ni­en zu.